Ordnung: Paarzeher (Artiodactyla)
Familie: Geweihträger (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Sikahirsch
Cervus nippon
Engl.: The Sika Deer
Franz.: Le cerf sika
Sikahirschkuh (Cervus nippon) im Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office BernDer Sikahirsch ist eine kleinere bis mittelgroße Hirschart, die ursprünglich in Vietnam, China, Japan, Nord- und Südkorea und Taiwan beheimatet war und dort zahlreiche Unterarten ausgebildet hat. Die Abgrenzung der Unterarten von einander ist zum Teil nicht ganz klar und viele Populationen in Zoos wie in freier Wildbahn bestehen aus Unterarthybriden. Dies gilt namentlich für die außerhalb der natürlichen Verbreitung angesiedelten Bestände (Armenien, Aserbeidschan, Dänemark, Deutschland, Finnland,
Sikahirschkuh (Cervus nippon) im Kontaktgehege des Tierparks Goldau © Lotti Dollinger, Liebefeld-BernFrankreich, Großbritannien, Irland, Litauen, Madagaskar; Neuseeland; Österreich, Philippinen, Polen, Schweiz, Tschechien, Ukraine, USA). Als Art ist der Sika nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN), einzelne Unterarten sind aber bedroht oder in freier Wildbahn ausgestorben. In Gattern ist die Art häufig, so soll es in China etwa 290'000 Stück geben, die für die Fleisch- und Panten- (Bastgeweih-)produktion gehalten werden (McCULLOUGH, 1999, McCULLOUGH et al. 2009).
Besonderes: Das Sommerfell der Sikas ist rötlichbraun mit hellen Flecken und dunklem Aalstrich, Im Winter sind die Tiere gleichmäßig graubraun, an der Bauchseite etwas heller. Auffällig ist der den kurzen Schwanz
Haarbürste der Metatarsaldrüse einer Sikahirschkuh © Peter Dollinger, Zoo Office Bernumgebende weiße Spiegel, der bei Erregung weit gespreizt werden kann. Ein gutes Erkennungsmerkmal der Sikahirsche ist die helle Haarbürste der Metatarsaldrüse an den Außenseiten der Hinterläufe unterhalb des Sprunggelenks. Das Geweih ausgewachsener Hirsche hat in der Regel acht Enden.
Die meisten der ab Ende des 19. Jahrhunderts nach Deutschland eingeführten Sikahirsche stammen aus Japan. Auch das freilebende Vorkommen am baden-württembergischen Hochrhein gehört zu dieser kleineren Form. Dieses Vorkommen hat seinen Ursprung im 180 ha großen, vom Zürcher Fabrikanten BERTSCHINGER 1910 gegründeten Gatter Rohrhof bei Küssaberg (Kreis Waldshut).
Zu Beginn des 2. Weltkriegs wurde das Gatter aufgelöst und die Tiere gelangten in die freie Wildbahn. 1995 wurde die mittlerweile grenzübergreifende Population (im Frühjahr vor der Fortpflanzung) auf ca. 700 Sika geschätzt, wovon ca. 60% auf die deutsche Seite entfielen. Im Jagdjahr 2007/08 wurden in Baden-Württemberg 448 Sikas erlegt, im übrigen Deutschland etwa 800 und in der Schweiz 133 Jagdjahr 2011/12: 155) (Min. für Ernährung + ländl. Raum BW; BUWAL, Eidg. Jagdstatistik; KISTLER, 1995). Der Bestand an wildlebenden Sikas in Österreich liegt bei 8-900.
Inselsikas
Japanischer Sika (Cervus nippon nippon), Süd-Honshu , Kyushu, Shikoku
Nord-Honshu-Sika (Cervus nippon aplodontus)
Hokkaido-Sika (Cervus nippon yesoensis)
Kerama-Sika (Cervus nippon keramae) Ryukyu-Inseln - vom Aussterben bedroht
Tsushima-Sika (Cervus nippon pulchellus)
Haltung in VdZ-Zoos (Sika ohne Unterartstatus bzw. Japansika (C. n. "nippon"): Berlin-Zoo, Goldau, Linz, Neumünster
Taiwan-Sika
Cervus nippon taiouanus
In freier Wildbahn 1969 ausgestorben, ab 1988 in einem Nationalpark wiederangesiedelt
Haltung in VdZ-Zoos: Früher Berlin-Zoo, Köln, München. Heute im deutschsprachigen Raum nur noch in je einem Wildpark in Deutschland und Österreich.
Festland-Sikas
Vietnam-Sika
Cervus nippon pseudaxis
Engl.: The Indochinese Sika Deer
Franz.: Le cerf sika du Tonkin
Vietnam-Sikahirschkuh (Cervus nippon psuedaxis) im Sommerkleid mit Kalb © Klaus Rudloff, BerlinIn der Wildbahn höchstwahrscheinlich ausgerottet (Rote Liste: EXTINCT IN THE WILD).
Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.
Verbreitung: Nördliches Vietnam, heute nur noch in Gehegen, so in den Nationalparks Cuc-Phuong und Cat-Ba. Gesamtbestand ca. 3000 Individuen (McCULLOUGH, 1999).
Haltung in VdZ-Zoos: Berlin-Tierpark, Görlitz, Hamburg, Karlsruhe, Kronberg, Langenberg, Neunkirchen
Vietnam-Sika im Bast © KR, Tierpark BerlinDas Europäische Erhaltungzuchtprogramm (EEP) wird vom Tierpark Berlin koordiniert (KR), der auch das Internationale Zuchtbuch führt.
Besonderes: Vietnam-Sikahirsche wurden in ihrer Heimat fast ausgerottet, die Restbestände sind in Gattern in
Vietnamsikahirsch (Cervus nippon pseudaxis) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, BerlinNationalparks (Cuc-Phuong, Cat-Ba und Ba-Vi) und stehen jetzt unter strengem Schutz. Außerdem gibt es in Vietnam zahlreiche Sikas in Hirschfarmen. Dabei könnte es sich aber um Unterarthybriden handeln(McCARTHY et al., 1998). Auch die im Zoo von Hanoi gehaltenen Tiere sollen mit hortulorum gemischt sein (McCULLOUGH, 2009).
Außerhalb Vietnams leben im Jahr 2009 etwa 450 Tiere in den Tiergärten und Wildparks Europas und Nordamerikas. Im Tierpark Berlin werden Vietnam-Sikahirsche seit über 47 Jahren gehalten, und sind mit 265 Geburten eine der erfolgreichsten Zuchtgruppen des Parks. Im Januar 2008 starb der langjährige Zuchthirsch an Altersschwäche. Er war am 19. März 1991 im Cuc-Phuong-Nationalpark in Vietnam geboren worden, kam 1996 über den Zoo Posen/Polen nach Berlin und erreichte mit fast 18 Jahren, ein wahrhaft methusalemsches Alter für männliche Hirsche.Im Laufe seines Lebens hatte er 3 Nachkommen im Zoo Posen und deren 76 im Tierpark Berlin gezeugt.
Dybowskihirsch
Cervus nippon hortulorum (=dybowskii = mantchuricus?)
Engl.: The Manchurian Sika deer or Dybowski's Sika Deer
Franz.: Le cerf de Dybowski
Dybowskihirsche im Tiergarten Nürnberg © TG NürnbergDie Rote Liste der IUCN gibt keinen Gefährdungsstatus für die einzelnen Unterarten des Sikahirschs an. Der wildlebende Bestand des Dybowskihirsch dürfte aber wohl nur 8-9000 Individuen zählen, weshalb wir ihn hier inoffiziell als gefährdet (VULNERABLE) führen.
Verbreitung: Russland (Ostsibirien), Nordost-China, Nordkorea
Haltung in VdZ-Zoos: Hamm, Nürnberg (in Deutschland wird die Unterart noch in etwa 15 Wildparks gehalten).
Beson
Dybowskihirsche (Cervus nippon dybowskii) im Tiergarten Nürnberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bernderes: Die Systematik der großen, nördlichen Festlandsikas ist alles andere als klar. hortulorum wurde 1864 auf der Grundlage eines Hirschs beschrieben, der 1860 in Peking im Park des großen Sommerplastes des Kaisers von China gehalten worden war. mantchuricus, ebenfalls
Dybowskihirschkuh (Cervus nippon dybowskii) im Tiergarten Nürnberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern1864 beschrieben, geht auf ein Exemplar aus der Hafenstadt Jingkou zurück, dessen Herkunft unklar ist. Unter dem Namen dybovskii wurden schliesslich die Hirsche aus der russischen Ussuri-Region beschrieben, die phäntotypisch identisch mit hortulorum sind. Da diese Hirsche 2n = 68 Chromosomen haben, wie der Rothirsch, und nicht 2n = 64-66, wie die Japansikas, wird spekuliert, dass sie ihren Ursprung in einer Bastardierung mit dem Rothirsch haben könnten (GEIST, 1998).
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Dybowskihirschs in Russland lag in der Region Primorje (Primorsky Krai) entlang der Küste und in Tälern bis zu 500 m über Meer, im Norden bis an den Ussuri. Nicht nachhaltige Bejagung zur Gewinnung von Bastgeweihen, Föten und Wedeln für die traditionelle orientalische Medizin und von Fleisch führte zu einer drastischen Bestandesabnahme. Um 1970 gab es Vorkommen nur noch an wenigen Orten östlich von Wladiwostock bis zur Ortschaft Olga. In den letzten 25 Jahren haben sich die Bestände aber wieder erholt. Sie besiedeln nun wieder nahezu alle geeigneten Lebensräumen des ursprünglichen Areals und haben ihre Verbreitung in die benachbarte Region Chabarowsk ausgedehnt. Im späten 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Dybowskihirsche auch in anderen Regionen Russlands angesiedelt. Gegenwärtig gibt es rund 3'700 Stück in verschiedenen Naturschutzgebieten (zapovedniks) ausserhalb des natürlichen Areals. Ferner gibt es eine große Zahl (mitte 80er Jahre rund 60'000) Dybowskihirsche in Famen, hauptsächlich in der Region Primorje aber auch in der Altai-Region. Nach offiziellen Angaben betrug der Bestand in der Region Primorje nach der Jagdsaison 2000 12'000 Individuen, die Rote Liste (2013) gibt jedoch für Russland nur einen Bestand von 8500-9000 Tiere an. Damit hat der Dybowskihirsch auch als Beutetier für Amurleopard und Amurtiger an Bedeutung gewonnen (ARAMILEV, 2009). In Nordostchina gibt es in der Natur nur noch etwa 500 Tiere, aber die meisten der 290'000 Tiere in chinesischen Farmen dürften (reinblütige?) Dybowskihirsche sein (McCULLOUGH et al. 2009).
Shanxi-Sika (Cervus nippon grassianus), ausgestorben
Nordchinesischer Sika (Cervus nippon mandarinus), ausgestorben
Südchinesischer Sika (Cervus nippon kopschi), stark gefährdet
Sichuan-Sika (Cervus nippon sichuanicus), stark gefährdet
Doktor-, Diplom- und Examensarbeiten:
SCHILCHER, B. (2010)
Literatur (alle Unterarten):
ARAMILEV, V. V. (2009)
GEIST, V. (1998)
GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
KISTLER, R. (1995)
McCULLOUGH, D. R. (1999)
McCULLOUGH, D. R. (2009)
McCULLOUGH, D. R., ZHI-GANG JIANG & CHUN-WANG LI (2009)
PD - 05.08.2009; mehrfach aktualisiert
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